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Konkursverfahren Abengoa
Julia Suderow
Partnerin 3C Compliance
Dic 30, 2015
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Konkursverfahren Abengoa

Die Muttergesellschaft und weitere 25 Gesellschaften der Gruppe streben damit nun gemäß Artikel 5a des spanischen Konkursgesetzes vorläufigen Gläubigerschutz an. Abengoa hat nun drei Monate Zeit um die Refinanzierung mit Gläubigern zu erreichen. Die zu bedienenden Kredite betragen 8,9 Milliarden Euro, zudem stehen Rechnungen über 5,5 Milliarden Euro zur Zahlung aus. Ein großer Teil der Gläubiger findet sich im Ausland, da dieser Konzern seit mehreren Jahren weltweit aktiv ist. Abengoa ist sowohl in der Solartechnik in den USA, Lateinamerika und Nordafrika als auch in den neuen Geschäftsbereichen Bioenergie und Recycling in insgesamt 80 Ländern aktiv.

Nach den spanischen Insolvenzregeln muss ein Schuldnerkonzern, wenn er mit seinen Gläubigern keine Refinanzierung im Zeitraum von drei Monaten erreicht, innerhalb eines weiteren Monats Konkurs beantragen. Während dieser Zeit können die Gläubiger keine schuldnerunabhängige Einleitung des Konkursverfahrens durch das Gericht verlangen. Weiterhin werden sämtliche Vollstreckungsmaßnahmen unterbrochen, wenn die von der Vollstreckung betroffenen Güter und Rechte für die Fortführung der Tätigkeit des Schuldners erforderlich sein sollten. Das Gesetz sieht auch bestimmte Ausnahmen von dieser Vollstreckungsunterbrechung vor, wenn es sich um finanzielle Passiva handelt und weniger als 49% der betroffenen Gläubiger an den Refinanzierungsverhandlungen teilnehmen möchten.

Nach den uns vorliegenden Informationen stehen die Verhandlungen mit den finanzierenden Banken kurz vor dem Abschluss, sodass davon auszugehen ist, dass Abengoa in den nächsten Wochen Konkurs anmelden muss und das Handelsgericht Sevilla das in Spanien bislang größte Konkursverfahren einleiten wird. Das Gesetz sieht sehr strikte und kurze Zeiträume für die Aufnahme von Forderungen in die Konkursmasse vor. Allerdings mischt sich mittlerweile die Regierung in die Verhandlungen mit ein, denn am 20. Dezember 2015 sind Wahlen in Spanien. Der Regierung zu Folge soll ein Konkurs vermieden und eine Umstrukturierung der Schulden durch die Hauptgläubiger vorrangig behandelt werden.

Im Fall der Konkursanmeldung sollten Anmeldungen der Forderungen dann sehr zeitnah erfolgen. Die gesetzlichen Fristregelungen unterscheiden nicht zwischen inländischen und ausländischen Gläubigern.

Alle Gläubiger werden von der Konkursverwaltung angeschrieben. Nichtdestotrotz erfolgt diese Mitteilung ins Ausland erfahrungsgemäß auf Spanisch und auf dem Postweg. Somit verlieren viele Gläubiger, wertvolle Zeit und können ihre die Forderung nicht mehr fristgemäß mitteilen. Aus diesem Grund müssen die betroffene Gläubiger und Lieferanten schnell reagieren, um ihre Forderung optimal zu sichern.

 

Betroffene Lieferanten und Gläubiger sollten ihre Unterlagen prüfen und ihre Forderungen sowohl gegenüber Abengoa bzw. auch bei Gericht anzeigen.

Abengoa ist zusätzlich in einem kartellrechtlichen Sanktionsverfahren durch die Europäische Kommission involviert. Die Kommission hat vor einiger Zeit ein förmliches Sanktionsverfahren im Bereich der Biokraftstoffe zur Benchmark Ethanol eingeleitet und nun müssen die betroffenen Unternehmen auf das Statement of objections antworten. Die drei involvierten Unternehnen nebst ihrer Tochtergesellschaften sind Abengoa S.A., die belgische Alcogroup SA und die schwedische Lantmännen ek för. Alle drei Unternehmensgruppen erstellen, vertreiben und handeln mit Ethanol.

 

Erste unangemeldete Hausdurchsuchungen fanden im Mai 2013 statt, weitere im Oktober 2014 und März 2015.

Art. 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verbietet wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen. Die Durchführung dieser Bestimmung ist in der EU-Kartellrechtsverordnung (Verordnung 1/2003) definiert.

 

Es gibt keine gesetzliche Frist für die Durchführung einer kartellrechtlichen Untersuchung. Die Dauer einer Untersuchung hängt von einer Reihe von Faktoren, einschließlich der Komplexität des Falles, der Kooperation der Unternehmen mit der Kommission und der Ausübung der Rechte der Verteidigung ab.

 

Je nach Ausgang des Verfahrens können sich für Abengoa und die anderen Kartellanten aus unter Umständen nachgewiesenen Kartellrechtsverstößen einerseits Bußgeldzahlungen ergeben, andererseits dürften auf die Gruppe Forderungen von geschädigten Kunden auf Schadenersatz zukommen. In diesem Fall könnte es durchaus sein, dass es das Unternehmen Abengoa nicht mehr geben wird, wenn die kartellrechtliche Untersuchung abgeschlossen ist. Dann würden weder Bußgeldzahlungen noch Schadensersatzzahlungen erfolgen.